Bundesverwaltungsgericht: Kläger dürfen Medikament für Suizid nicht kaufen
Zwei Männer sind vor dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Versuch gescheitert, die Erlaubnis zum Kauf des Medikaments Natrium-Pentobarbital zum Suizid zu erlangen. Es gebe andere Möglichkeiten, das eigene Leben medizinisch begleitet zu beenden, erklärte das Gericht am Dienstag in Leipzig. Das im Betäubungsmittelgesetz vorgesehene Verbot sei mit dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben vereinbar. (Az. 3 C 8.22 u.a.)
Damit geht ein sechs Jahre dauernder Rechtsstreit zu Ende. Die beiden damals schwer kranken Kläger beantragten 2017, das Betäubungsmittel kaufen zu dürfen. Einer von ihnen leidet an Multipler Sklerose, der andere hatte Krebs. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte lehnte ab. Gegen diese Ablehnung klagten die Männer vor Gerichten in Nordrhein-Westfalen, hatten dort aber keinen Erfolg. Daraufhin zogen sie vor das Bundesverwaltungsgericht.
Dieses wies ihre Revisionen nun zurück. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zum Suizid sei grundsätzlich nicht mit dem Zweck des Betäubungsmittelgesetzes vereinbar, erklärte es. Das Gesetz solle die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellen. Medizinische Versorgung bedeute, ein Medikament zur Heilung oder Linderung von Beschwerden einzusetzen. Die Beendigung des eigenen Lebens gehöre nicht dazu.
Das Gericht räumte ein, dass die Freiheit eingeschränkt sei, sich mit Natrium-Pentobarbital zu töten. Dieser Eingriff in Grundrechte sei aber gerechtfertigt, es würden keine Rechte verletzt. Wer selbstbestimmt entschieden habe, sein Leben beenden zu wollen, habe andere zumutbare Möglichkeiten. So könnten Ärztinnen oder Ärzte Mittel für einen Suizid verschreiben.
Die Kläger hatten zusätzliche Belastungen angeführt, die in der Urteilsbegründung aufgegriffen wurden. So müsse erst einmal ein Mediziner gefunden werden, der beim Suizid helfen wolle. Patienten mit Schluckbeschwerden könnten außerdem andere Mittel schlecht einnehmen, weil eine hohe Dosis notwendig sei. Das Gemeinwohl sei hier aber wichtiger, erklärte das Gericht.
Bei Natrium-Pentobarbital sei die Missbrauchsgefahr besonders hoch, weil es tödlich wirke und einfach anzuwenden sei. Das sei eine Gefahr für Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Gesetz den Erwerb des Mittels für einen Suizid nicht zulasse.
Das Bundesverwaltungsgericht sah auch keine extreme Notlage. Es verwies auf sein eigenes Urteil aus dem Jahr 2017, wonach ein Medikament zum schmerzlosen Suizid in extremen Ausnahmefällen erworben werden darf. In den aktuellen Fällen gebe es aber zumutbare Alternativen. Zwar könne einer der Kläger wegen seiner Krankehit nur schlecht schlucken und sei von den Schultern abwärts gelähmt. Mithilfe eines Infusionsautomaten könne er sich aber selbst ein Mittel verabreichen.
Suizid und Sterbehilfe werden seit langer Zeit politisch diskutiert. Anfang 2020 schrieb das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem aufsehenerregenden Urteil das Recht auf selbstbestimmtes Sterben fest. Dennoch lehnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Anträge von Menschen ab, die sich eine tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital verschreiben lassen wollten.
Das Bundesverfassungsgericht sah dies in einem Beschluss vom Februar 2021 nicht als problematisch an. Es verwies ein sterbewilliges Ehepaar auf andere Möglichkeiten - ebenso wie es nun das Bundesverwaltungsgericht entschied. Politisch ist das Thema noch nicht geklärt: Eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe scheiterte im Sommer im Bundestag.