Foodwatch: 117 von 136 getesteten Kindergetränken haben zu viel Zucker
Viele Getränke, die sich besonders an Kinder richten, sind einer Studie zufolge teils stark überzuckert. Wie die Verbraucherorganisation Foodwatch am Mittwoch in Berlin mitteilte, enthalten 117 von 136 getesteten Drinks mit kindlicher oder jugendlicher Gestaltung mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter. Foodwatch forderte daher erneut eine Limo-Steuer für Deutschland. Die Lebensmittelbranche wies dies als "Symbolpolitik" zurück.
Für ihre Studie untersuchte Foodwatch alle Getränkearten der fünf größten Supermarktketten, deren Verpackung Kinder und Jugendliche ansprechen soll - etwa durch den Aufdruck von Tieren und Comicfiguren oder durch eine besonders "coole" Produktgestaltung wie bei Eistees oder Energydrinks. Auch Trinkpäckchen und kleine Flaschen mit Saugverschluss wurden berücksichtigt. Zu den untersuchten Produkten gehörten etwa Limonaden, Fruchtsäfte, Energydrinks, Mineralwasser und Eistees.
Der Studie zufolge wiesen 57 Prozent der untersuchten Getränke einen "sehr hohen Zuckergehalt" von über acht Gramm pro 100 Milliliter auf, 29 Prozent lagen zwischen fünf und acht Gramm. Bei 14 Prozent sprach Foodwatch von einem "moderaten Zuckergehalt".
Im Schnitt enthielten die getesteten Getränke den Angaben nach 7,8 Prozent Zucker, was laut Foodwatch sechseinhalb Zuckerwürfeln bei einem 250-Milliliter-Glas entspricht. Lediglich vier der getesteten Produkte würden den Angaben zufolge einen grünen Nutriscore erhalten, also A oder B. Ein Viertel würde mit dem gelben C gekennzeichnet, wenn sie die Kennzeichnung ausweisen würden. Und knapp drei Viertel (74 Prozent) bekämen einen orangenen oder roten Score, also D oder E.
Das Getränk mit dem höchsten Zuckeranteil war ein Energy-Drink mit 15,6 Gramm Zucker auf 100 Millilitern. Eine Dose reicht laut Foodwatch aus, um den täglichen Zuckerbedarf eines Kindes oder Jugendlichen um das Dreifache zu übertreffen. In einer Dose finden sich demnach 26 Zuckerwürfel.
"Der Konsum zuckerhaltiger Getränke im Kindes- und Jugendalter ist ein wesentlicher Risikofaktor für Übergewicht, Diabetes und Herzerkrankungen", erklärte Berthold Koletzko von der Kinderklinik der Universität München laut Foodwatch. Wirksame Maßnahmen zur Verringerung des Konsums von süßen Getränken seien daher "dringend notwendig".
In Großbritannien wird ab fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter eine Steuer von 18 Pence, umgerechnet rund 21 Cent, fällig. Ab acht Gramm sind es 24 Pence. Die 2018 eingeführte Abgabe führte dazu, dass der Zuckergehalt in Getränken in Großbritannien sank. Wie eine Studie der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) aus dem vergangenen Jahr zeigte, ging der Zuckergehalt in Deutschland zwischen 2015 und 2021 um zwei Prozent zurück, in Großbritannien seien es im gleichen Zeitraum knapp 30 Prozent gewesen.
"Bei der Prävention ernährungsbedingter Krankheiten versagt die deutsche Ernährungs- und Gesundheitspolitik auf ganzer Linie", kritisierte Luise Molling von Foodwatch. Neben einer entsprechenden Steuer forderte ihre Organisation effektive Werbeschranken für ungesunde Produkte und eine gesetzliche Altersgrenze für den Verkauf von Energydrinks. Die Politik setze indes auf freiwillige Maßnahmen der Industrie, die allerdings nur geringe Auswirkungen hätten.
Der Lebensmittelverband Deutschland wies die Forderung der Organisation zurück. Die Zuckeraufnahme von Kindern und Jugendlichen sinke seit Jahren kontinuierlich, Deutschland sei auf einem guten Weg. "Dennoch versucht Foodwatch immer wieder zwanghaft Gründe zu finden, warum der Staat die Eigenverantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher untergraben und marktlenkende Maßnahmen einführen sollte", kritisierte Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff. Foodwatch versuche komplexe Ernährungsfragen "auf eine einfache, populistische Einteilung in 'gesund' und 'ungesund' herunterzubrechen".
Die Lebensmittelwirtschaft arbeite an den Rezepturen und setze dabei auf "Transparenz mit Hilfe" von Kennzeichnungen zu den Nährwerten, die zu einer "fundierten Kaufentscheidung" beitragen können, erklärte Minhoff weiter. Wichtig für die Kindergesundheit sei daneben auch eine umfassende Aufklärung sowie flächendeckende Bewegungsförderung.