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Krankenkassen warnen vor Milliardendefizit durch Politik der Bundesregierung

Quelle: Agence-France-Presse
Letzte Aktualisierung: 07.09.2023 - 12:53 Uhr

Die gesetzlichen Krankenkassen warnen für das kommende Jahr vor einem Milliardendefizit als Folge der Politik der Bundesregierung. Bislang gehen die Kassen von einer Lücke zwischen 3,5 und sieben Milliarden Euro im Jahr 2024 aus. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte hingegen am Donnerstag im Bundestag geringere Ausgaben für das Gesundheitssystem: Dies sei auf wegfallende Kosten für die Corona-Pandemie zurückführen.

Im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie wachse der Gesundheitsetat, sagte Lauterbach. "Somit haben wir keinen insgesamt schrumpfenden Haushalt, sondern einen sich stabilisierenden Haushalt", betonte der SPD-Politiker. Darauf, wie sich der Etatentwurf auf die Finanzierung der Krankenkassen auswirken könnte, ging er in seiner Rede nicht ein. Diese rechnen jedoch mit einer Milliardenlücke.

Die Vorständin des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK), Anne Klemm, geht dabei von einem Defizit am oberen Ende der Schätzungen aus. "Ich befürchte, dass wir eher bei sieben Milliarden Euro herauskommen werden", sagte Klemm dem "Handelsblatt". Neben Mehrbelastungen durch die von Lauterbach geplanten Reformen bei Notfallversorgung und Kliniken gebe es auch "durch die Konjunktur und steigende Arbeitslosigkeiten große Risiken für die Einnahmen" der Kassen, warnte die BKK-Chefin. 

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) setzte bei den Haushaltsberatungen durch, dass in den vergangenen Jahren gezahlte zusätzliche Bundeszuschüsse an die Krankenkassen nun wegfallen. Ohne politische Maßnahmen müsste der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2024 daher laut "Handelsblatt" wohl um 0,4 Prozentpunkte steigen. Für Versicherte und deren Arbeitgeber würde dies demnach eine Mehrbelastung von jeweils mehr als drei Milliarden Euro bedeuten. Klemm nannte die steigenden Beiträge eine "Bankrotterklärung der Bundesregierung".

Laut Etatentwurf soll auch der Zuschuss für die Pflegeversicherung im kommenden Jahr komplett entfallen. Scharfe Kritik daran übte der Sozialverband SoVD: "Es darf keinen Automatismus geben, der steigende Kosten ausschließlich durch Beitragssatzsteigerungen in der Kranken- und Pflegeversicherung kompensiert", erklärte die SoVD-Vorsitzende Michaela Engelmeier. So würden kleine und mittlere Einkommen zusätzlich belastet, was "zu mehr sozialer Ungerechtigkeit" führe. Als Alternative schlug Engelmeier angesichts der knappen Mittel eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder auch der Erbschaftsteuer vor. 

Der evangelische Sozialverband Diakonie kritisierte die Streichung der Zuschüsse für die Pflegeversicherung ebenfalls. "Statt die Pflegeversicherung endlich auf finanziell solide Füße zu stellen, werden die Mehrkosten auf die Versicherten abgewälzt, teilte Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide mit. Das habe "fatale Folgen". Die Unterfinanzierung der Pflegeversicherung führe dazu, dass Pflegebedürftige nicht mehr ausreichend versorgt werden und pflegende Angehörige ihren Beruf aufgeben müssen. 

Ähnlich äußerte sich der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP): "Die Ampel-Regierung weigert sich, Verantwortung für eine langfristig solide Finanzierung der Pflegeversicherung zu übernehmen", erklärte Verbandspräsident Thomas Greiner. Statt mehr Belastungen für Pflegebedürftige und Beitragszahlende forderte er einen "großen Wurf" für den Ausbau der Altenpflege einschließlich eines Rechtsanspruchs auf einen Platz im Pflegeheim.

Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus verteidigte die Haushaltskürzungen. "Der strikte Haushaltskurs des Finanzministers ist der einzig richtige Weg", betonte sie. Allerdings sollten statt Beitragserhöhungen besser Gesundheitsausgaben auf den Prüfstand gestellt werden. "Hohe Ausgaben im Gesundheitssystem allein führen nicht automatisch zu einer besseren Versorgung", argumentierte die FDP-Politikerin.