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Lauterbach stellt Programm zu Unterstützung von Long-Covid-Kranken vor

Quelle: Agence-France-Presse
Letzte Aktualisierung: 12.07.2023 - 14:57 Uhr

Viele Menschen leiden unter den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion: Erschöpfung, Gedächtnisprobleme und Organschäden sind einige der Symptome, die den Betroffenen zu schaffen machen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellte am Mittwoch in Berlin das erste Programm des Bundes vor, das Long-Covid-Kranken zu mehr Informationen und einer besseren medizinischen Versorgung verhelfen soll. Lauterbach warnte davor, das Problem zu unterschätzen: "Wir haben hier eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe vor uns", sagte er.

Der Minister zeichnete ein pessimistisches Bild der aktuellen Situation im Bereich Long Covid. "Die Lage ist schlechter, als wir uns das erhofft hatten noch vor einem halben Jahr", sagte er. Er sei "überrascht und enttäuscht", dass die Behandlung von Long Covid nicht die erhofften Fortschritte gemacht habe. In vielen Fällen sei die Aussicht auf Heilung ungewiss.

"Für die Menschen mit Long Covid ist die Pandemie leider noch lange nicht beendet", sagte Lauterbach. Aktuelle Erkenntnisse deuteten darauf hin, "dass viele Betroffene wahrscheinlich dauerhaft betroffen sein werden". Leider gebe es "noch keine Therapiekonzepte, die durchschlagen".

Die Immunologie-Professorin Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité warnte bei der gemeinsamen Pressekonferenz vor einer weiter steigenden Zahl der Fälle. "Mit Long Covid stehen wir jetzt vor einer neuen Dimension", sagte sie. "Manche Menschen sind zwei bis drei Jahre schwer krank." Der Direktor der Uniklinik Marburg, Bernhard Schieffer, wies auf die volkswirtschaftlichen Folgekosten hin: "Die ökonomischen Auswirkungen von Post-Covid sind destaströs."

Lauterbachs Long-Covid-Programm umfasst drei Punkte. Sein Ministerium schaltete am Mittwoch eine Internetseite frei (www.bmg-longcovid.de), das Informationen zu dem Thema bündelt - zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten, zu spezialisierten Kliniken und Praxen und zum aktuellen Stand der Forschung. Erkrankte, Ärzte, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen hier ein jeweils auf sie zugeschnittenes Info-Angebot bekommen.

Der zweite Punkt: Lauterbachs Ministerium will die wissenschaftliche Forschung zu Long Covid finanziell fördern. Zunächst sollten dafür 41 Millionen Euro bereitgestellt werden. Lauterbach hatte dafür ursprünglich 100 Millionen Euro anvisiert, scheiterte aber an Sparzwängen. "Wenn die Haushaltslage sich verbessert, werden wir versuchen, die 100 Millionen zusammenzubringen", sagte Lauterbach. 

Dritter Teil des Pakets ist die Einberufung eines Runden Tisches, der Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen vom Thema betroffenen Gruppen ab September zu einem Runden Tisch zusammenbringt. Inhalt soll der Austausch über den Umgang mit Long Covid sein. Auch die Pharma-Industrie soll daran teilnehmen. Der Minister kritisierte, dass diese bislang zu wenig für Long-Covid-Behandlungen forsche.

Nach Lauterbachs Angaben entwickeln zwischen sechs und 14 Prozent der Infizierten einschlägige Symptome - bei Geimpften dürfte die Quote etwas niedriger liegen. Das medizinische Bild sei uneinheitlich: Manche Betroffene seien nach der ersten Corona-Infektion von Long Covid betroffen, andere erst nach einer Folgeinfektion, sagte Lauterbach. Manche litten dauerhaft unter den Symptomen, bei anderen sei Long Covid nur eine Episode.

Die Immunologin Scheibenbogen mahnte mehr Forschung und medizinische Studien zum Thema Long Covid an. "Die Ärzte haben bis heute wenig Wissen, wie man diese Erkrankung behandelt", sagte sie. Die nun bereitgestellten 41 Millionen Euro könnten "nur ein Anfang sein", betonte Scheibenbogen. "Heilen können wir insbesondere die schwer Kranken damit nicht." Es gebe bis heute keine zugelassenen Medikamente

Das neue Informationsangebot des Bundesgesundheitsministeriums richtet sich ausdrücklich auch an Menschen, die unter den Folgeschäden einer Corona-Impfung litten. Der Marburger Klinikchef Schieffer warnte davor, diese Fälle zu stigmatisieren. "Wir dürfen nicht die Augen verschließen vor Dingen, die uns unangenehm sind", sagte er. Dazu zähle das Auftreten von Impfschäden durch Corona-Vakzine.