UNO: Weltweite Impfrate bei Kindern immer noch nicht auf Vor-Corona-Stand
Die Vereinten Nationen schlagen Alarm: Die weltweiten Impfraten bei Kindern stagnieren und sind immer noch nicht zum Niveau vor der Corona-Pandemie zurückgekehrt. Der Impfschutz habe sich "noch nicht vollständig von dem historischen Rückgang während der Pandemie erholt", konstatierten am Montag das UN-Kinderhilfswerk Unicef und die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Hälfte der ungeimpften Kinder lebt demnach in von bewaffneten Konflikten betroffenen Ländern.
Verglichen mit den Zahlen von 2019 vor Ausbruch der Corona-Pandemie seien 2,7 Millionen Kinder mehr immer noch gar nicht oder unzureichend geimpft, teilten die beiden UN-Organisationen gemeinsam mit. Von den Kindern in dem Alter, in dem die Immunisierung vorgesehen ist, hatten den Angaben zufolge 2023 nur 84 Prozent die erforderlichen drei Impfdosen gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten erhalten. 2019 hatte die Impfquote immerhin bei 86 Prozent gelegen.
Nach dem deutlichen Rückgang der Impfquote während der Corona-Pandemie habe es über einen leichten Anstieg 2022 keine weiteren Fortschritte gegeben, kritisierten Unicef und WHO. "Wir sind im Rückstand", sagte die für Impfungen zuständige WHO-Vertreterin Kate O'Brien. Die neuesten Zahlen zeigten, "dass viele Länder weiterhin zu viele Kinder vernachlässigen", kritisierte Unicef-Direktorin Catherine Russell.
Laut den am Montag veröffentlichten Zahlen haben im vergangenen Jahr 14,5 Millionen Kinder auf der Welt sogar gar keine Impfdosis erhalten. 2022 waren es demnach 13,9 Millionen Kinder und 2019 rund 12,8 Millionen Kinder.
Die Hälfte der ungeimpften Kinder lebt in 31 von bewaffneten Konflikten betroffenen Ländern. Dort sind sie zugleich wegen des unzureichenden Zugangs zu Nahrung und Gesundheitsversorgung besonders stark von eigentlich vermeidbaren Infektionskrankheiten bedroht.
Die WHO äußerte sich auch besorgt über die Lücken beim Impfschutz gegen Masern. So erhielten den Zahlen von Unicef und WHO zufolge im vergangenen Jahr 83 Prozent der Kinder ihre erste Impfdosis gegen die Krankheit. Das entsprach dem Niveau aus dem Jahr 2022, lag aber drei Prozentpunkte unterhalb der Impfabdeckung im Vor-Corona-Jahr 2019. Zudem hätten nur 74 Prozent der Kinder die nötige zweite Dosis erhalten. Um Masern-Ausbrüche zu verhindern, sei eine Impfquote von 95 Prozent erforderlich.
Der Unicef-Impfexperte Ephrem Lemango erklärte, 2023 seien mehr als 300.000 Masern-Fälle registriert worden und damit fast drei Mal so viele wie 2022. In 103 Staaten kam es in den vergangenen fünf Jahren zu Masernausbrüchen, Impfquoten von unter 80 Prozent galten zumeist als wesentlicher Grund dafür. In 91 Staaten mit hoher Impfquote gegen Masern kam es hingegen zu keinerlei Masernausbrüchen.
Mehr als die Hälfte der nicht gegen Masern geschützten Kinder lebt demnach in zehn Konfliktstaaten, darunter der Sudan, Jemen und Afghanistan. "Masernepidemien sind ein Vorbote der existierenden Impflücken, die als erstes die Schwächsten treffen", warnte WHO-Chef Adhanom Ghebreyesus.
Deutliche Fortschritte wurden den Angaben zufolge immerhin bei der Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) errungen, die Gebärmutterhalskrebs verursachen können. In wohlhabenden Ländern beträgt die Impfrate bei Mädchen demnach mittlerweile 56 Prozent, in ärmeren Ländern 23 Prozent. Damit ist die Impfabdeckung aber noch weit vom 90-Prozent-Ziel entfernt. Um die Ausbreitung von HPV zu stoppen, müssten außerdem auch heranwachsende Jungen dagegen geimpft werden.